Wikipayment - Das persönliche Interview
Carsten Oppelt spricht über die Rolle des Sanierers, hartnäckige Betriebsräte, korrupte Mitarbeiter, notwendige Kündigungen, dem Ende von Großzügigkeiten und seiner ganz persönlichen Ausrichtung.
1. Sie gelten bei kleinen und mittleren Betrieben als harter und erfolgreicher Sanierer in letzter Minute, bevor die Banken den Firmen in wenigen Wochen den Geldhahn zudrehen. Sie sind in der Umsetzung effizient, setzen den übergeordneten Sanierungsplan um und gehen geräuschlos. Sanierer sind aus diesen Gründen nicht gerade beliebt. Warum üben Sie einen solchen Job aus?
Mit dem Berufsbild des Sanierers verbinden viele Menschen ausschließlich negative Eigenschaften. Damit möchte kaum jemand freiwillig konfrontiert werden. Ich sehe mich bei vielen Firmen als eine Art Notarzt auf der Intensivstation. Man wird oftmals erst dann engagiert, wenn es fast schon zu spät ist. Es könnten viel mehr Unternehmen gerettet werden, wenn wir in Deutschland eine bessere Kultur im Umgang mit dem Scheitern leben würden. Aus jeder Niederlage ergeben sich Chancen.
2. Haben Sie persönlich als Mensch in der Umsetzung kein schlechtes Gewissen gegenüber der Belegschaft?
Nein. Absolut nicht. Ohne Umsetzung einer erforderlichen Sanierung wäre die ungeordnete Insolvenz des Unternehmens vorprogrammiert. Sanierer versuchen die ungeliebte, aber zwingend notwendige Reißleine zu ziehen. Dazu gehört nun mal, dass dringend Kosten reduziert werden müssen. Jeder muss Federn lassen. Sämtliche Kosten werden hinterfragt und auf ein notwendiges Maß reduziert. Dazu gehören auch Einsparungen von Personalkosten.
3. Sie setzen bei bedrohten Firmen das Sanierungskonzept um. Was können Sie besser als das bisherige Management?
Ich halte nicht an der "guten alten Zeit" fest und hege von Woche zu Woche Hoffnungen auf plötzliche Besserung, ohne das Veränderungsprozesse durchgeführt werden. Ein emotionaler Abstand ist in Sanierungsprojekten extrem wichtig. Sie handeln nach Faktenlage und nicht nach Gefühlen. Viele Unternehmen geben über weite Strecken viel mehr Geld aus, als sie einnehmen. Leider machen sich einige Mitarbeiter auch noch die Taschen voll, wenn ein Ende erahnt wird. Diese Korruptionsfälle gilt es aufzudecken. Dazu müssen zwingend notwendige organisatorische Schritte umgesetzt werden. Nicht immer einfach, wenn Mitarbeiter an ihrem Job hängen, der künftig digitalisiert, verändert, ausgelagert oder abgeschafft wird. Wenn aber die Bank endgültig das Vertrauen verliert, ist alles verloren.
4. Gibt es Firmen, die Sie nicht mehr retten können?
Ja, leider. Ich schaue mir die Zahlen an, verschaffe mir einen Überblick und spreche mit den Banken. Ohne Geld kann kein Unternehmen gerettet werden. Fällt die Bank aus, müssen die Eigentümer nachschießen. Funktioniert auch das nicht, bleibt nur noch der Weg einer geordneten Insolvenz, um Schutz vor den Gläubigern zu erhalten. Sind Unternehmen in schrumpfenden Märkten unterwegs, so wird es schwer. Ebenso dann, wenn bestimmte Vertragskonstellationen ein Handeln schwierig gestalten und wichtige Gläubiger das geordnete Insolvenzverfahren nicht ausreichend unterstützen.
5. Setzen Sie sich eine Frist, um den Turnaround zu schaffen?
Ja. Meine Frist liegt je nach Unternehmen bei 12 bis 18 Monaten. Bis dahin muss sich die Firma restrukturiert haben und wieder auf Kurs sein. Dennoch ist eine Sanierung nach 18 Monaten nicht endgültig abgeschlossen. Ohne eine stringente und nachgelagerte Unternehmensführung gleiten Management und Mitarbeiter wieder allzu leicht in die alten Verhaltensmuster, die zum Scheitern geführt haben. Ein permanentes Controlling der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist daher ein Muss. Ebenso die Motivation der Belegschaft. Nach etwa fünf Jahren kann von nachhaltigen Erfolgen gesprochen werden. Unternehmenskultur muss gelebt werden. Da reichen keine Foliensätze und theoretische Ansätze.
6. Fällt es Ihnen schwer, Mitarbeiter zu kündigen und wer geht zuerst?
Wer tut das schon gerne? Aber lieber kündige ich 10 % der Belegschaft und rette die verbleibenden 90 %, als das das Unternehmen ohne Sanierung in kurzer Zeit dicht macht und 100 % ihren Job verlieren. Ich entlarve korrupte Mitarbeiter und Blaumacher, Schläfer und andere illoyale Kollegen, damit für die Ehrlichen die Existenz möglichst gesichert werden kann. Quarantäneverstöße sowie Arbeitszeit- und Lohnfortzahlungsbetrug stehen derzeit bei vielen Unternehmen im Fokus.
7. Wie gehen Sie mit Betriebsräten um?
Ich arbeite gerne mit etablierten Betriebsräten zusammen. Das ist meist einfacher, weil Grundsatzentscheidungen für die gesamte Belegschaft vereinbart werden können. Schwierig wird es erst dann, wenn Betriebsräte den Ernst der Lage nicht erkennen wollen. Aber auch dafür gibt es angemessene Lösungen.
8. Sie haben fast 20 Jahre als Führungskraft in der Sparkassen-Gruppe gearbeitet. Davon ca. 13 Jahre in der Geschäftsleitung eines Sparkassen-Tochterunternehmens mit über 400 Mitarbeitern. Seit 1992 sind Sie unter anderem im Payment tätig. Warum sind Sie nach so langer Zeit nicht in der Organisation geblieben?
Ich wollte erst einmal selbstständig sein. Der Weg des altbewährten Zahlungsverkehrs und die Strukturen der Banken und Sparkassen haben und werden sich stark verändern. Es ist heutzutage extrem wichtig, schnell, flexibel, innovativ und vor allem "schlau" zu sein. Somit habe ich mich immer wieder reflektiert, meine Kompetenzen sortiert, noch besser verstanden, was ich kann und will und in aller Konsequenz all das gebündelt. Ich bin ein eingefleischter Verhandler mit Vertriebsblut in den Adern. Ich brauche immer wieder meine Erfolgserlebnisse. Ich liebe es, in sich stark verändernden Märkten unterwegs zu sein und gestalten zu können. Die richtige Unternehmensstrategie ist genau das, was mich tagtäglich reizt. Unternehmen mit einfachen Mitteln optimal zu positionieren. Fakten statt Folien ist meine Devise.
Carsten Oppelt
Erst die Umsetzung führt zum Erfolg!